Alltag ohne Schrift

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PrinzMegahertz
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Alltag ohne Schrift

Beitrag von PrinzMegahertz » 11.02.2007 - 12:28

Hallo allerseits,

ich wollte mal die hier versammelten Experten fragen, wie eine Gesellschaft ohne Schrift funktionieren kann?

Zugegeben, der einfache Bauer kommt auch ohne Schrift aus, aber Kaufmann muss doch irgendwie Buch führen und rechnen können, sonst kann er doch keinen Betrieb aufrecht erhalten.

Wie erklärt ihr euch, dass diese Gesellschaft trotzdem funktioniert?

Gruß
pm

Marristia
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Beitrag von Marristia » 11.02.2007 - 12:45

Ganz einfach: So wie sie in Europa im Mittelalter funktioniert hat und noch heute in manchen Teilen der Welt funktioniert. :)

Wie du schon sagst; als einfacher Bauer der sein Feld bestellt kann man auch ohne lesen/schreiben zu können einen Acker bestellen. Ähnlich wird es in den meisten Handwerksberufen auch sein. Wobei die meisten Leute mit ein bisschen Kopfrechnen völlig auskommen. (Rechnen ist ja nicht verboten)
Der Kaufmann wird dann vermutlich einfach Strichlisten führen und simple Piktogramme malen. Wenn er an einem Tag fünf kleine Fässer Salz verkauft hat dann malt er sich in sein Heftchen irgendein Symbol für ein kleines Fass plus eines für Salz (kann ein Dreieck sein oder ein komplizierter Schnörkel) und macht dahinter 5 Striche.

Vielleicht ist die ganze Situation für uns nur so irreal, weil wir laufend und überall mit Schrift konfrontiert werden und uns ein Leben ohne sie deshalb wesentlich leerer erscheint. Aber die Leute um 2654 vermissen ja im Prinzip nix.

PrinzMegahertz
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Beitrag von PrinzMegahertz » 11.02.2007 - 14:38

Danke für die schnelle Antwort,


aber bei uns war es im Mittelalter ja wenigstens so, dass zumindest alle Geistlichen lesen konnten (bzw. durften). Wenn ich das bei Engel richtig verstehe, dürfen ja innerhalb der Kirche auch nur die *denk*... (warens die Ramieliten?) lesen und schreiben, also ein viel kleinerer Teil.

Wie halten die anderen eigentlich ihre Messen, ohne lesen zu können?

Lyris
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Beitrag von Lyris » 11.02.2007 - 14:58

Ich weiß nicht mehr, wo ich es gelesen habe, aber ich meine, dass es höheren Geistlichen offen steht lesen zu lernen, wenn sie meinen, dass sie mit der daher kommenden möglichen "Verschmutzung" ihres Geistes durch ketzerisches Gedankengut etc. zurecht kommen.

Michael
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Beitrag von Michael » 11.02.2007 - 15:39

Ja, aber damit sind wirklich nur hochgestellte Geistliche gemeint - und die wenigsten scheinen von dieser Bürde Gebrauch zu machen.

@ Megaherz: Wieso muss man Messen denn lesen?
Die meisten Prediger sind ohnehin Mater und Pater (wie geht n die Mehrzahl davon? Matern? Mein Hirn is grad so ausgelaugt...) und damit Laiendiener. Die predigen das lebendige Wort, gehen direkt auf die Ereignisse in ihrer Gemeinde ein und greifen auf das zurück, was sie während ihrer Ausbildung gehört haben, auswendig gelernt haben oder im Laufe ihres Lebens an Erfahrungen gewonnen haben.
Abgelesene Predigten sind out ;)

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Beitrag von Gansekiel » 11.02.2007 - 17:33

die Kinder lernen schon in früherster Kindheit alles auswendig, das is da quasi volkssport das Michaelslied in der 3. Klasse auswendig zu können. Und das Gedächtnis wird da trainiert - zumindest bei jenen die nicht wirklich dum sind. Man merkt sich auswendig, was man wissen muss, auch die Liste seiner Gläubiger, was sie einem schulden oder was man noch alles braucht. :D

Mater und Pater, bzw Monachen und Beginen werden zudem extra geschult in sowas und gerade die sind es ja häufig, die kaufmännsiches erledigen. Viele mächtigere Kaufmannsfamilien können sich sicher jemand leisten der die Brain-Arbeit macht, oder aber die Kirche verwaltet sowas.

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Beitrag von PrinzMegahertz » 11.02.2007 - 18:02

@Gansekiel: Okay, das überzeugt :)

@Michael: Also wenn mich nicht alles täuscht steht irgendwo, dass alle Predigten auf Latein gehalten werden... also eher weniger lebendiges Wort und auf Geschehnisse in der Gemeinde eingehen

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Beitrag von Gansekiel » 11.02.2007 - 19:12

die Predigt is Latein. die können die Mater und Pater auswendig -selbst ohne Latein richtig zu verstehen.
die Messe nicht unbedingt. die wird auf Common sein, sowie sicher auch jede Menge Alltags-gebete.

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Beitrag von GENEE » 16.02.2007 - 13:37

Tatsächlich wurde hier ein sehr interessantes Thema angeschnitten, über das bei uns viel disskutiert wurde (drei Sprachwissenschaftler in der Runde).

Ich bin der Meinung, daß der Verbot der Schrift nicht durchhaltbar ist. Nimmt man es genau, macht sich der Handwerker mit seinen Piktogrammen und Strichen ja auch schon strafbar, denn er macht sich Notizen, sprich er schreibt.

Um ein gängiges Mißverständis auszumerzen: Die Menschen im Mittelalter kamen ganz und gar nicht ohne Schrift aus. Es konnten zwar nicht alle lesen und schreiben, aber praktisch jeder mittelständische Handwerkerbetrieb verfügte über eine Möglichkeit lesen und schreiben zu lassen (Schreibstube, Anwalt, Geistlicher) und hat, wie unsere Dokumente in den Archiven belegen, insbesondere für Abrechnungen und Nachrichten an Obrigkeiten durchaus regelmäßig davon Gebrauch gemacht.

Zumal die Leute in ENGEL nun noch in der Situation sind, zu wissen, daß man lesen kann und ihre Gesellschaft basiert trotzallem auf den Resten einer sehr stark literatisierten Welt.

Ich für meinen Teil habe das Lesenkönnen unter den Geistlichen etwas ausgeweitet, nicht zuletzt auch damit die Geistlichen in der Lage sind, die Angelitica und evtl. andere Schriften aus Roma Aeterna zu lesen. Natürlich gibt das auch viele Möglichkeiten für die SL, eben jene Geistlichen in Versuchung zu führen.

Zum Thema auswendig lernen: Es gibt keine einzige Kultur auf dieser Welt, die keine Schrift entwickelt hat, ob nun Höhlenmalereien, Farbringe, Hiroglyphen oder Buchstaben, JEDE Kultur verfügt über eine Verschriftlichung von Teilen ihrer Weltanschauung (meist religiöse Belange), es gibt keine Ausnahme. Schrift ist den Menschen in die Wiege gelegt und wenn man ihnen die eine nimmt, dann suchen sie sich eine andere.

In ENGEL ist es sehr wahrscheinlich, daß in jedem Dorf midestens eine Person lesen (evtl. auch schreiben) kann. So war es auch im Mittelalter üblich. Ich sehe keine Möglichkeit diese Entwicklung aufzuhalten und habe daher für unsere Welt bestimmt, daß dieser eine meist ein Pater/eine Mater (sehr oft ramieliteisch, aber wenn nicht greifbar, durchaus auch mal andere Orden) ist. Nein, im Prinzip ist das Ketzerei, aber die Kirche übergeht das ebenso großzügig, wie elektrisches Licht in den Himmeln (und spätestens die dorthin geladenen Diadochen sollten erkennen, um was es sin bei den Himmeln handelt) und Feuerwaffen bei Beutereitern.

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Uriel
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Beitrag von Uriel » 16.02.2007 - 13:52

Die Messen werden für das Volk verständlich auf Common formuliert. Matern und Patern werden angehalten sich spannende und lustige Themen herauszupicken.
Ich denke, dass es sehr wohl Möglich ist ohne Lesen und Schreiben auszukommen. Wofür braucht denn ein Reisbauer Schrift? Und ganz ehrlich: bei der schweren schweren Sünde die Lesen und Schreiben bedeutet würde ich mein Heil und das meiner Lieben nicht aufs Spiel setzen und lernen wofür nur die Kinder Jeremiels die Charakterliche Stärke besitzen ohne der Verdammnis anheim zu fallen.
Wäre ich Mater oder Pater eines nicht- ramielitischen Ordens, würde ich nicht lesen WOLLEN und wenn man mich schlüge.
Als Kaufmann muss man sich vor Augen halten, dass sich die Logistischen Leistungen der Engelwelt sicherlich schwer in Grenzen halten. Lebensmittel können ohnehin nicht dauerhaft haltbar gemacht werden und müssen recht schnell- und folglich auch in nicht allzuweiter Ferne zum Herstellungsort verbraucht werden.
"Kaufmänner" sofern es sie denn gibt, verfügen sicherlich über allerhand behelfszeug. Ein Abakus, Kreidetafeln etc. Wie schmal der Grad zwischen "Schreiben" und "Malen" ist, sieht man ja an den raphaelitischen Ikons. Es geht beim Schreibverbot ja letztlich darum, die Leute dumm zu halten. Und da wird keiner ankommen und ihnen verbieten ne Kuh zu malen und drei Striche für "drei Kühe gekauft" drunter zu machen.
Zuletzt geändert von Uriel am 16.02.2007 - 13:57, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Gansekiel » 16.02.2007 - 13:56

GENEE hat geschrieben: Ich bin der Meinung, daß der Verbot der Schrift nicht durchhaltbar ist. Nimmt man es genau, macht sich der Handwerker mit seinen Piktogrammen und Strichen ja auch schon strafbar, denn er macht sich Notizen, sprich er schreibt.

das ist ja auch nicht verboten
es ist verboten RICHTIG zu lesen und zu schreiben, da echte TEXTE verbotenes und ketzerisches Wissen enthalten könnten. Nur ausgewählte Kirchendiener die der Versuchung des Bösen widerstehen können dürfen richtig Lesen und Schreiben lernen, da sie DANN ja auch Texte in die Hände bekommen in denen verbotenes und gefährliches Wissen steht.
Jemand der sich eine Strichliste malt, oder Piktogramme erfindet für sein Geschäft bewegt sich höchstens in einer Grauzone, aber strafbar... neee

GENEE hat geschrieben: [..] aber praktisch jeder mittelständische Handwerkerbetrieb verfügte über eine Möglichkeit lesen und schreiben zu lassen (Schreibstube, Anwalt, Geistlicher)
das ist in Engel ebenso möglich, Große Handelshäuser arbeiten eh fast immer mit der Kirche zusammen


es gibt übrigens genug Kulturen in denen der normale Bürger nicht lesen und schreiben konnte und es auch nicht musste.
Und ebenfalls genug Kulturen in denen echte Schrift und das nutzen einiger Piktogramme ein echter Unterschied war.
Nehmen wir mal Ägypten, China, und die Mayas - da musste für richtige Texte ein Schreiber her, der das gelernt hatte, einfach weil es zuviele Zeichen hab, während der Normalbürge nur ein paar Piktogramme oder Buchstabenfragmente kannte und damit auch keinerlei richtige Texte lesen konnte.


Zudem ist das Auswendiglernen in der Engel-welt einfach das A und O und das Verbot richtige Schrift zu erlenren hat natürlich AUCH den Zweck, dass sich außerhalb der kirchlich geführten Handelshäuser kaum größere Händler oder Großgrundbesitzer etablieren können, sondern eher nur Kleinbauern, die ein paar Kühe haben und ihre Felder bestellen.
Alle wirklich großen Handelsbeziehungen, Firmen, Manufakturen und aller Großgrundbesitz ist in der Hand der Kirche und die hat ihre Schreiber.
Und wenn es anderst ist..tja dann sind wir entweder in Augsburg, Essen, Cordoba, Wien, usw. :D

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